Begehung Gasolin

11.05.2012 – Begehung des Gasolingeländes. Es waren fast 40 Personen, die sich am Parkplatz Bahnhof Nord trafen, um bei einer Begehung die Industriebrache der BP, im Volksmund Gasolin-Gelände, einmal persönlich in Augenschein zu nehmen.
Die Gemeinde Uetze möchte das Gelände wieder als Gewerbegebiet ausweisen, im Tausch für bisher als Gewerbegebiet gekennzeichnete Flurstücke westlich davon. Diese Flächen, die bisher landwirtschaftlich genutzt werden, sollen somit erhalten bleiben. Die Gasolinbrache wird als „weniger wertvoll“ erachtet – die Fläche war jahrzehntelang wegen der hohen Bodenbelastungen durch die Industrie stillgelegt worden und sei daher einer Nutzung als Gewerbefläche den landwirtschaftlichen Flächen vorzuziehen.

Nun hatte sich aber der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) eingeschaltet und ernste Bedenken angemeldet. Eine Fläche, die sich unberührt vom Menschen in den letzten vier Jahrzehnten entwickeln konnte, sollte nicht wieder einfach so zerstört werden. Der BUND, sowie die Uetzer Grünen und die Uetzer Bürgerinitiative Umwelt halten das Gelände für ein wertvolles Biotop. Sie stellen die bereits erfolgte Erfassung der dort vorkommenden Arten und die Art der Einstufung für nicht korrekt, zu oberflächlich und in einigen Punkte sogar für absichtlich falsch angegeben.

Dr. Oliver Katenhusen, der bei der Begehung für den BUND sprach, hält das Vorkommen der geschützten Zauneidechsen auf dem Gasolingelände für eines der größten in Niedersachsen der Region Hannover. Deren Umsiedlung wäre sicher nicht in ein paar Tagen möglich, wenn es denn überhaupt gelänge. Da zudem die geplante Ausgleichsfläche (nahe dem Hundeplatz) ungeeignet sei, da sie bereits von dieser Art besiedelt ist, sei das Vorhaben so nicht durchzuführen, meint er.

Zunächst müsse überhaupt einmal ganz detailliert erfasst werden, welche Pflanzen- und Tierarten dort überhaupt vorkommen, in welcher Zahl und welcher Kompensationsbedarf demnach bestünde. Das sei bisher nur sehr unzureichend und in zu kleinem Zeitrahmen erfolgt. Des Weiteren sollen für 35 bis 40 Jahre alte Bäume im Ausgleich neue gepflanzt werden, dieser Ersatz hätte nicht den selben Wert [für die Natur].

Im weiteren Verlauf der Begehung sah sich die Gruppe die geplante Ausgleichsfläche an. Hier unterstelle Oliver Katenhusen den Planern glatte Schummelei, denn das gesamte Areal sei als „Acker, Bewertungsstufe 1“ bezeichnet worden, obwohl sich neben dem bebauten Feld auch ein buschiger Grünstreifen und ein Wall mit Gehölzen befinden, die mit einer höhere Punktzahl bewertet werden müssen. In dieses Gebiet sollen die Gasolin-Eidechsen umgesiedelt werden, obwohl es dort bereits Populationen gibt.
Hier am vom NaBu betreuten Bunker klärte Dirk Brinkmann, der Vorsitzende der Ortsgruppe Burgdorf Lehrte Uetze, die Teilnehmer der Begehung über die Maßnahme des Fledermausschutzes auf. Die in ihrer Art gefährdeten Fledermäuse, hier das „Braune Langohr“, nutzen den Bunker als Winterquartier.

Als letzte Station besichtigten die interessierten Bürger die Anlage des Hundevereins, der dort jahrzehntelang Hundeausbildung betreibt und die Fläche – ein Teil ist Eigentum, der Rest ist von der BP gepachtet – auch zur Austragung von Prüfungen und Meisterschaften nutzt. Falls die Pläne umgesetzt würden, das Hundeplatz-Gelände zu verkleinern, können dort keine solchen Veranstaltungen mehr stattfinden, fürchtet der Vereinsvorsitzende Michael Kaiser. Sein Verein hatte 150 Unterschriften zur Erhalt des Geländes gesammelt, die er an Dina de Haas, die Vorsitzende des OV Grüne Uetze überreichte. Kathleen Fronk von der Bürgerinitiative Umwelt Uetze setzt sich ebenfalls für den Erhalt des Geländes und gegen eine Bebauung ein. Sie sammelt derzeit in der Gemeinde Unterschriften, so auch am gestrigen Abend.

Der Rat der Gemeinde Uetze mit seinen Ausschüssen muss über die Änderung zum Flächennutzungsplan abstimmen, jedoch hat in dieser Sache die Untere Naturschutzbehörde der Region Hannover das letzte Wort.

Die Bürgerschaft ist gespalten, denn einerseits wäre die Ansiedlung von Gewerbe finanziell ein Gewinn, zudem die Gasolinbrache durch die vorhandenen Verseuchungen im Boden kaum anders genutzt werden könnten. Doch sträuben sich viele gegen eine Bebauung durch eine Biogasanlage, die mit abgelaufenen Lebensmitteln betrieben werden soll, oder folgen den Bedenken der Naturschützer, die diese Fläche als hochwertiges Biotop ansehen, dass dieses durch Bebauung zerstört würde.

Fotos von der Begehung sind online.

3 Kommentare

  1. Die Begehung trotz des leicht regnerischen Wetters war mit 37 Teilnehmern außerordentlich gut besucht.
    Gut waren auch die kontroversen Argumente, die die Teilnehmer austauschten.
    Es waren viele Dollberger Menschen gekommen, die sich neben dem NABU Sorgen um das Gelände machen.

    Wir werden hier zusammen mit Abgeordneten aus der Region am Ball bleiben.

    Grüße aus dem benachbarten Uetze:

    Thomas Faßbender

  2. Ich konnte leider nicht an diesem Termin teilnehmen.
    Gerne hätte ich die Argumente gehört und versucht diese zu verstehen.
    Herr Faßbender, es sollte hierbei nicht vergessen werden das viele Dollberger dieses Gelände immer als Industriefläche betrachtet haben und es auch immer werden.
    Ich finde es viel erstaunlicher in welch kurzer Zeit sich anscheinend seltene Tierarten dort angesiedelt haben sollen.
    Zeigt es doch wie schnell sich die Natur an Veränderungen anpassen kann und es in Zukunft nach z.B. einer Baumaßnahme auch wieder tun würde.

    Gut, ich war nun an diesem Termin vor Ort und kann nicht sagen in welche Richtung die Argumente gingen, auch nicht in welche Richtung.

    Mein Wunsch wäre nur das man nicht bei jedem Fund einer Tierart sofort deren Existenz in Frage stellt so man etwas am Lebensraum ändert.

    Das wir alle Verantwortung tragen eine hohe Artenvielfahlt zu erhalten ist denke ich unstrittig. Nur finde ich es schon ein wenig fragwürdig bei einer bestehenden zugegeben lange ungenutzten Industriefläche die Bebauung in Frage zu stellen.

    Grüße

    Torsten

  3. „Dr. Oliver Katenhusen […] hält das Vorkommen der geschützten Zauneidechsen auf dem Gasolingelände für eines der größten in Niedersachsen.“

    Kleine Anmerkung/Korrektur: Ich habe von einem der größten Zauneidechsen-Vorkommen in der Region Hannover gesprochen (nicht in ganz Niedersachsen!).

    Gruß, Oliver Katenhusen