19.05.2011 – Über die vermuteten mittelalterlichen Wehranlagen im Fuhsetal zwischen Abbensen und Uetze referierte der Archäologe Thomas Budde zum zweiten Mal. Zu dem Lichtbildvortrag waren zahlreiche Interessierte in das Musikzimmer der Schule Dollbergen gekommen.
Gut vorbereitet und mit den allerneuesten Luftbildern und Erkenntnissen führte der Peiner Archäologe seine Zuhörer einmal mehr in die Zeit vor 700 bis 900 Jahren.
Zunächst wurde anhand von Beispielen und idealisierten Zeichnungen gezeigt, wie sich der Laie eine solche Niederungsburg vorzustellen hat. Der Adel – alte Aufzeichnungen aus einem Meinerser Lehnregistern listen für unser Dorf die Herren „von Dolberge“ auf, Ekbertus von Dollbergen und Brüder (Theodoricus, Herebrandus) – hatte die Pflicht, die wichtigen Handelswege militärisch zu sichern. Die Strecke Braunschweig-Bremen beispielsweise, die hier entlang führte. Die wichtigen Furten und Wassermühlen mussten bewacht werden. Und bei Gefahr bot die Burg eine letzte Rückzugsmöglichkeit. Die Gräben der ohnehin sumpfigen Umgebung dieser auf Inseln oder in Altarmen liegenden Anlagen wurden geflutet, die Holzpalisaden dahinter waren die zweite Verteidigungslinie. Hinter dem Vorwerk lag dann die nur über eine Brücke zu erreichende eigentliche „Burg“, meist ein festes Haus oder ein Wehrturm auf einem künstliche kleinen Hügel.
Wer heute durch die Wiesen an der Fuhse spaziert, sieht mit ungeübtem Auge kaum etwas. Erst auf Luftaufnahmen ist zu gewissen Zeiten eine Änderung im Bewuchs erkennbar, ein Schattenwurf eines längst abgetragenen Damms oder symmetrische Umrisse eines Kastells oder Wehrturms. Viele vergleichende Luftbilder sind nötig, um die Verdachtsmomente zu verdichten.
Alte Flurnamen sind ebensolche Hinweise, wie Königsborg, Im Eigen oder Slotwinkel. Der Schlosswinkel wurde von den von Saldern gegen den Oelerser Teich mit dem Kloster Wienhausen getauscht. Heute ist dort landwirtschaftliche Fläche, in der im letzten Jahrhundert Steinreste eines Walls gefunden wurden. Die Sandsteine stammen aus dem nahen Steinbruch Fissenberg, aus dem Baumaterial beispielsweise für die Kirchen in Eddesse und Abbensen abgebaut wurde. Im Mühlenbruch habe einmal die Dollberger Wassermühle gestanden, meinte Thomas Budde. Diese Mühle ist in den bisherigen vorhandenen Urkunden nicht erwähnt, doch sprächen die Geländemerkmale und Hinweise auf alten Karten für die sichere Existenz einer solchen Mühle. Bei der Wüstung Avensen, einer Siedlung Dollbergen gegenüber am jenseitigen Fuhse-Ufer, die ab dem 9. Jahrhundert erwähnt wird und um 1470 aufgegeben wurde, hätte es über 1200 Funde gegeben.
Auch Maulwurfshügel können Hinweise geben (Maulwürfe drücken alles nach oben, was sie beim Gänge bauen stört – auch Scherben aus dem Mittelalter).
Thomas Budde hat sich seit Jahren intensiv mit den vielversprechenden Anzeichen für unsere unruhige Vergangenheit beschäftigt. Auf den gezeigten Luftbildern machte er die fraglichen Strukturen für die Besucher des Vortrags erkennbar. Wenn seine Theorien den Tatsachen entsprechen, dann war die gesamte Fluss-Ebene der Fuhse mit Wehranlagen versehen. Vom Rittergut Abbensen, damals im Besitz derer von Saldern, bis hoch zum Junkerhof in Uetze sind verschiedene archäologische Befunde zu erwarten.
Noch in diesem Jahr sollen Probegrabungen im Landschaftsschutzgebiet Fuhsetal unternommen werden, wie kleine Grabungsschnitte, um etwa in den längst abgeflachten ehemaligen Dammwegen die vermuteten Holzbohlen nachzuweisen. Mittels der Altersbaumbestimmung, der Dendrochronologie, hätte man dann eine genaue Datierung der Anlagen.
Weitere Begehungen und Vermessungen sollen unternommen werden, beispielsweise um ein geomagnetisches Profil der Gegend zu erstellen.
Unterstützung erhält Thomas Budde von den Heimatvereinen aus Peine, Abbensen und Dollbergen. Da der Kauf der alten Landkarten und die Bezahlung der Luftbildbefliegung etc. natürlich auch Geld kostet, haben sich nach dem Vortragsabend viele der Zuhörer spontan für eine Sammlung entschieden. Bürgermeister Jürgen Buchholz, der zu diesem Abend eingeladen hatte, versprach, die kommenden Informationen und Planungen auch weiterhin zu veröffentlichen, denn „das Interesse sei da“.
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