Dollbergen im Mittelalter

Historische Karte Fuhsetal

Historische Karte Fuhsetal

Seit 2004 beschäftigt sich der Peiner Archäologe Thomas Budde mit dem Fuhsetal und seinem Geheimnissen aus alter Zeit. Nachdem auffällige Strukturen sein Interesse geweckt hatten, ging er an die intensive Erforschung. Mithilfe von historischen und modernen Karten, Begehungen und der Auswertung von spärlichen Schriftquellen ist er nun soweit, dass detaillierte Vermessungen der Oberfläche und Fotos aus der Luftbildbefliegung weitere Erkenntnisse bringen können. Zur endgültigen Bestätigung und Belegung der Theorien wären dann letztlich stichprobenartige Grabungsschnitte notwendig – und eine gesicherte Finanzierung des Projekts.

Alte Flurnamen wie Königsborg, Dammwiesen, Slotwinkel (Schlosswinkel) oder Mühlenbruch ließen erste Vermutungen zu, dass dort nachzuforschen lohnen würde. Erst im Vergleich mit vielen verschiedenen Quellen, und Luftaufnahmen aus verschiedenen Zeiten erkannte der Archäologe Strukturen im Gelände, die nicht natürlichen Ursprungs sind. Aufgrund seiner Erfahrungen konnte er die Merkmale zeitlich eingrenzen. Zum Beispiel gibt es in der „Braunschweigischen Reimchronik“ einen Hinweis, der nur auf diese Anlagen bei Dollbergen und der Wüstung Avensen passen können. Es ging dabei um den Konflikt zwischen Markgraf Albrecht von Magdeburg und Herzog Albrecht von Braunschweig:

[…] Marchreve Albrecht und sin here
dharzo dhe wagenrittere
trecketen ober das wazer
dher eyne snel, dher ander lazer,
daz dhe Overkere ist genannt,
vorbaz in dhes vursten lant
so verne unz uf dhe Vusen
bi dhem dorpe Albenhusen,
dha se sich nidher leyten
und so gemache reyten.
se bezogen sich zo velde,
ir here und ir thelde
mit iren wagenen ab cyne sit;
uf das aner ende, so men git,
was eyn burch ceyph unte groz;
uf de dritten sit dhe Vusene vloz. […]

Das unruhige Mittelalter mit seinen lokalen Fehden und den Auswirkungen der ganz großen Politik (stauferisch-welfische Machtkampf sowie der Konflikt zwischen Hildesheimer Stift und Haus Braunschweig etwa) machte Wehranlagen und Bewachung wichtiger Furten und Bauwerke (Mühlen) notwendig.

Der niedere Adel dieser Gegend, die Herren von Saldern (auf dem Rittergut Abbensen), von Dolberghe (ein Ekbert von Dollbergen ist im Jahr 1226 erwähnt) und die Junker von Utessem (Uetze) hatte die Aufgabe die Wege und besonders die Furten zu sichern. Im Mittelalter war das Fuhsetal eine sehr feuchte und sumpfige Gegend. Nur an wenigen Stellen war das Tal etwa über Dämme und durch Furten zu queren, und diese galt es zu sichern. Befestigte Anlagen inmitten der Niederungen gaben dem Wachpersonal Schutz.

Wie hat sich der Normalbürger diese vorzustellen? Erste Fluchtburgen in Niederungen sind eventuell auf kleinen Inseln oder aufgeschütteten Hügeln errichtet worden, mit einem Damm ringsherum gegen das Hochwasser und vielleicht noch mit einem hohen Palisadenzaun (sogenannte Motten). Auf dem Hügel ein Wehrturm oder ein befestigtes Haus, bei größeren Anlagen mehrere Häuser – zum Wohnen für die Adelsfamilie oder Unterbringung des Wachpersonals. Spätere Wehranlagen hatten eckige Grundrisse, sogenannte Kastelle. Bei Gefahr wurde das umgebende Gebiet geflutet und Angreifer konnten nur noch über den einzigen Zuweg, den Damm, gefährlich werden. Weitere vermutete Anlagen zwischen Abbensen und Uetze sind Wachtürme, Wassermühlen und Vorwerke.

Bei einem ersten Informationsabend mit rund 30 interessierten Besuchern in der Schule Dollbergen, zu der Bürgermeister Jürgen Buchholz eingeladen hatte, zeigte der Archäologe Thomas Budde anhand von Fotos seine bisherigen und die neuesten Erkenntnisse aus den jahrelangen Recherchen. Das Fuhsetal von Abbensen bis Dollbergen wurde zunächst behandelt. In einem zweiten Vortrag soll das Gebiet von Dedenhausen bis Uetze gezeigt werden. Zu der Folgeveranstaltung sollen dann auch Vertreter der Verwaltungsspitze der Gemeinde Uetze eingeladen werden, um sich zusammen mit dem Ortsrat Dedenhausen und Abbensen Gedanken zur Finanzierung und Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene zu machen. Träger der archäologischen Erforschung durch Thomas Budde ist der Heimatbund Abbensen, von Peiner Seite her gibt es also inzwischen drei Förderer. Nun soll auch auf dem Gebiet der Region Hannover für das Projekt geworben werden.

Für den ersten Schritt, der genauen Vermessung und Erstellung eines Höhenlinienmodels, fehlen auf Uetzer Seite 2000,- Euro. Vieles hat der Archäologe bereits privat vorfinanziert, etwa die Luftbildbefiegung durch Herrn Küchenthal, und er hat einige Helfer gefunden, die ehrenamtlich mitarbeiten und auswerten, hier sei der stellvertretende Landesarchäologe Dr. Heine, Referat Burgenforschung des Landesamtes für Denkmalpflege zu nennen. Eine bereits gesicherte Gesamtfinanzierung scheiterte durch das Abspringen einer Stiftung im vergangenen Jahr.

Nun soll in Hinblick auf die Wichtigkeit der vermuteten Funde auch auf Uetzer Seite eine Interessengemeinschaft gegründet werden, die diese archäologische Sensation unterstützt. Die Kommunen würden vermutlich Gelder geben, wenn sich Förderer fänden.

Der Termin des zweiten Vortrags, der wohl noch in diesem Jahr stattfinden soll, wird zeitnah hier bekannt gegeben.

Fotos

3 Kommentare

  1. Eine Übersetzung für die Chronik wäre auch nicht schlecht))

    1. Dilettantischer Versuch einer Übersetzung:
      …Markgraf Albrecht und sein Heer, dazu die Wagenritter, zogen über das Wasser – der eine schnell, der andere langsam – welches die Oberkehre ist genannt, vorbaz – über? in diesem wüsten Land, so ferne, uns auf die Fuhse bei dem Dorfe Albenhusen. Dort sie sich niederlegten, und so gemach ritten, sie bezogen sich zu Felde, ihre Heere und ihre Zelte, mit ihren Wagen auf einer Seite, auf das andere Ende, wo man geht, war eine Burg-Festung und groß, auf der dritten Seite die Fuhse floss. Der Herzog zog in alles nach [am Ende des Trecks]…

  2. Vielen Dank:-) Ich bin sehr interessiert für Deutschlands Geschichte, besonders für Mittelalter. Warte auf neue Nachrichten über Dollbergen !